Aus einem nahen Land – Gedanken zum Film von Manfred Neuwirth
Manfred Neuwirth präsentiert seinen Film persönlich. Es erwartet uns ein „experimenteller Dokumentarfilm“ aus seinem engsten Lebensumfeld in Kritzendorf: Weinbauern bei der Arbeit. Wir sehen einen Film, aber eigentlich sind es mehr bewegte Bilder. Die Kamera schwenkt eineinhalb Minuten in die eine Richtung und eineinhalb Minuten wieder zum Ausgangspunkt retour. Als dann Ton und Bewegung im Film nicht übereinstimmen wird klar, dass die Filmgeschwindigkeit verlangsamt abläuft und zwar exakt um das zweieinhalbfache. Spätestens dann unterscheiden sich die Empfindungen und Meinungen zu diesem Film. Eröffnen diese 24 Bilder für manche einen meditativen Raum, genießen andere die Ruhe und Zeit, die es dem Auge gestatten, genauer hin zu sehen, langsam alle Details in dem Bild zu erfassen sowie den Geräuschen und der Musik nachzulauschen. Wieder andere finden es schwierig, sich dieser reduzierten Geschwindigkeit hinzugeben, würde gerne mehr über die Menschen und ihre Arbeit erfahren.
Manfred Neuwirth steht nach dem Film zur Diskussion gerne bereit, erzählt über seine Art zu filmen. Es ist kein Dokumentarfilm im üblichen Sinne, es ist eine künstlerische Art an das Thema heranzugehen. Und wir als Betrachter wurden in diesem Fall mit der Langsamkeit konfrontiert. Halten wir diese überhaupt noch aus? Wir sind gewohnt Filme mit schnell wechselnden, oft nur wenige Sekunden dauernde Szenen zu sehen und werden dadurch mit einer Fülle von Informationen überhäuft. Ganz anders in dem Film von Manfred Neuwirth. Es ist ein Film, der nicht nur zum Meditieren und genauem Schauen einlädt, sondern auch zum Nachdenken über sich selbst anregt und zur Diskussion mit anderen führt.
Man geht also nicht wie üblich aus dem Kinosaal, sondern bleibt, denkt nach und redet darüber. Natürlich auch über den Saal, den uns dankenswerterweise die Fahrschule Rygalyk dankenswerterweise günstig zur Verfügung gestellt hat. Und natürlich hätte ein richtiger Kinosaal mit großer Leinwand wesentlich eindrucksvoller die Bilder aus dem Film vermittelt – aber den gibt es in Berndorf leider nicht mehr. Also auch hier eine Einschränkung. Dafür hat diese Veranstaltung im Triestingtal stattfinden können und letztendlich haben die anschließenden Gespräche aller Besucher die „Nichtperfektion“ (hoffentlich für die meisten) wieder wett gemacht.
Regina Totz
Vor der Filmpräsentation von Manfred Neuwirth: „Aus einem nahen Land“
Ich begrüße alle Anwesenden in diesem Saal. Zugegeben, dieser ist kein Kinosaal, wie bei der ersten Filmpräsentation von Manfred Neuwirth über Tibet, damals hatten wir noch einen Kino in Berndorf. Trotzdem danken wir Reiner Rygalyk, dass er uns den Saal vermietet hat.
Zum Trost… es gab schon mal viel schlimmere Kinozeiten: In meiner ganzen Jugend gab es noch bei uns im Dorf keinen Strom. Einmal in der Woche hat man den einzigen Traktor geholt, der hat den Projektor betrieben, und während der Traktor draußen tuckerte, saß das halbe Dorf eng aneinander gedrängt im kleinen Kultursaal samt den Flöhen, und wir schauten gebannt auf Marcello Mastroianni, Gina Lollobrigida, Marlon Brando… auf der Leinwand. Manchmal musste man den gerissenen Film bei Kerzenlicht kleben, da hat man mit den Sitznachbarn geplaudert. Wenn der Film aber zum vierten oder fünften Mal gerissen ist, hat man gerne auch geschimpft… In der Kirche gegenüber predigte erzürnt der Pfarrer, dass das Kino das Werk des Teufels sei und wir alle in der Hölle schmoren würden…Daraufhin ging erst recht diese eine Hälfte des Dorfes ins Kino. Es war herrlich, ich hätte für nichts auf der Welt einen dieser Abende verpassen wollen.
Heute hat bald ein jeder irgendeine riesige Leinwand und einen Beamer Zuhause, wozu dann hinausgehen aus der warmen Stube?
Ja, aber jetzt sind wir alle hier zusammen, und vor allem der Filmemacher, einer der ersten Schüler von Leo, der ihn damals zum Filme-machen verleitet hat, ist auch leibhaftig da, ihr könnt ihn angreifen in jeder Hinsicht, ihm Fragen stellen, und ich hoffe, sein Film wird uns über den polsterlosen Sesseln hinwegtrösten.
Faszination Film, los geht´s!
Hinter der Kulisse, kurz vor der Filmpräsentation.
Die Kulisse gehört dazu, dahinter ist es manchmal sauspannend. Man will manches verstecken, man will dann doch aufdecken, z. B. : Die Tonanlage brummt, man (Frau) kennt sich nicht aus, keiner ist da, der helfen kann, der Beamer ist zu nahe, das Bild ist zu klein, das Kabel ist zu kurz, der Saal ist zu hell, und vorne geht das Lächeln weiter. Hätten wir doch einen größeren Saal und eine zehnmal teurere Anlage gemietet (aus eigener Tasche? Mit fast null Geld? Das bisschen, was wir haben, wurde erst später „er-bettelt“. Bund zahlt nicht mehr, Stadt hat kein Geld, Österreich ist plötzlich sehr arm, Rumänien und Burkina Faso ist nichts dagegen…), hätten wir lieber gar nichts gemacht, besser gegessen, geschlafen und konsumiert…
Die Technik ist ein Hund, das Geld ist eine Hyäne, die nehmen die Kunst an der Hand.
Aber Kunst, lass dich nicht von ihnen auffressen!
Kritik ist sehr wichtig.
Hilfe ist viel wichtiger.
Liebe Freunde und INK- Freunde, lasst uns nicht fallen! Wir haben viel zu lernen, wir brauchen euch! Jeden einzelnen.
– Wir brauchen Mitteln für gute Veranstaltungs- und Ausstellungsräume mit guter Projektionsanlage und Infrastruktur;
– Wir brauchen gute Ideen in jeder Hinsicht, auch was ungewöhnliche Veranstaltungen betrifft;
– Wir brauchen Geld, ach, wie profan (Mitgliedsbeitrag?);
– Wir brauchen aufbauenden Beistand und weniger zukunftskritische Stimmung;
– Wir brauchen
Euch!
Piroska Schabauer
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Eine Rückmeldung von Patricia Taghizade:
„ vielen Dank, dass ihr diesen schönen Abend ermöglicht habt. Ein sehr stimmungsvoller Film, mit vielen Szenen, die dem Auge auch Zeit ließen genauer hin zu schauen. Er hat uns wieder einmal gezeigt, wie verdorben wir durch die vielen Mainstream-Filme sind, wo es eben nur um die „Action“ geht.“